Prüfer gesucht: „Es geht darum, unser Land zukunftsfähig zu gestalten!“

Kathrin Scholz mit Sohn Niclas und Silke Simolka, Teamleiterin Prüfungen bei der IHK Cottbus.
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Kathrin Scholz mit Sohn Niclas und Silke Simolka, Teamleiterin Prüfungen bei der IHK Cottbus.

Prüfer und Prüferinnen bei der IHK Cottbus empfinden ihre Arbeit als große Bereicherung. Unbezahlbar ist ihr Verdienst für die Kammer. Mit mehr als 5000 abgenommenen Prüfungen in der Aus- und Weiterbildung und Sach- und Fachkunde begleiten rund 864 ehrenamtliche IHK-Prüfer den Einstieg junger Menschen in ihr Berufsleben oder helfen ihnen beim Erreichen der nächsten Stufe. Aktuell sucht die IHK noch rund 100 neue Prüfer.

Motivieren und nach Potenzial suchen

Einer der Prüfer ist Marcel Canje, Fachkraft für Lagerlogistik und Ausbilder bei Dachser SE in Schönefeld. Seit 2019 engagiert er sich als Prüfer bei den Ausbildungsberufen Fachkraft für Lagerlogistik und Fachlagerist. Marcel Canje ist zudem stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses.

„Ich bin selbst vierfacher Vater und begeistere mich dafür, junge Menschen in ihrer Entwicklung zu begleiten“, begründet der 48 jährige seine Motivation für diese ehrenamtliche Tätigkeit. „Alle Auszubildenden kommen mit der Motivation zur Prüfung, den Nachweis zu erbringen, dass sie in ihrem Beruf alle wesentlichen Grundfähigkeiten anwenden können. Bei uns treten sie den Nachweis an, dass sie gut gerüstet ins Arbeitsleben starten können - sie wollen Ihre Prüfung erfolgreich bestehen.“

Dass das allgemeine Einstiegsniveau der Azubis im Vergleich zu seiner Lehrzeit leider stark gesunken ist, muss auch er konstatieren. Waren früher Punktesummen von 70-80-90 der Durchschnitt, liegt er jetzt bei 50-55. Wie geht man als Prüfer mit diesem Problem um?

„Wir helfen, unterstützen und motivieren, wir suchen vor allem bei den Zwischenprüfungennach Potenzial, aber auch Defiziten, was kurzfristig im Zusammenspiel zwischen Auszubildenden, Berufsschule und Ausbildungsbetrieb bis zur Abschlussprüfung aufgearbeitet werden muss. Das ist eine große Verantwortung. Die Betriebe und Lehreinrichtungen müssen sich ebenfalls darauf einstellen“, erklärt Canje. „Man sollte bei dieser Tätigkeit gern mit Menschen arbeiten wollen. Denn da braucht es Herzblut.“

Als Prüfer arbeitet man im Team. „Wir stehen immer im Austausch – über neue Lehrinhalte, gewachsene Anforderungen aber auch Erleichterungen im Berufsbild. Das ist sehr bereichernd.“Die einen engagieren sich in Sportvereinen, andere politisch, die nächsten in NGOs (Non-Governmental Organisations) meint Marcel Canje: „Als Prüfer engagiert man sich dafür, die nächste Generation motiviert und befähigt in die Arbeitswelt zu führen. Das ist ein großartiges Ehrenamt. Deshalb möchte ich gern weitere Menschen dafür begeistern. Denn es geht darum, unser Land zukunftsfähig zu gestalten.“ 

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Marcel Canje, Fachkraft für Lagerlogistik und Ausbilder bei Dachser SE in Schönefeld

Freude und ein wenig Stolz

Kathrin Scholz ist seit drei Jahrzehnten Prüferin der IHK. Sie begann ihre ehrenamtliche Tätigkeit bereits zu Beginn ihres Berufslebens. Als die Betriebswirtin 1998 aus Sachsen-Anhalt ins brandenburgische Cottbus zog, nahm sie das Ehrenamt mit – Prüferin für Verkäufer/in und Kaufleute im Einzelhandel. Das Ehrenamt übt die Inhaberin des großen E-Centers Scholz im Cottbuser Norden aus Überzeugung aus:

„Das gehört dazu! Wenn wir junge Leute, also Nachwuchs, im Einzelhandel haben wollen, dann müssen wir auch dafür sorgen. Dazu gehört die Tätigkeit als Prüfer. Wer soll das sonst machen?“

Für Kathrin Scholz ist das eine Selbstverständlichkeit. Aber auch Freude… und ein wenig Stolz. Schließlich kann man dazu beitragen, dass ein Azubi die Prüfung erfolgreich schafft. Denn der Prüfer ist nicht erst bei der letzten Prüfung dabei, wenn es um `Alles` geht, sondern begleitet schon vorab. Nicht umsonst steht auf der Visitenkarte von Kathrin Scholz: Erfolg ist eine Frage der Haltung.

Das ist mir eine Herzensangelegenheit

Sohn Niclas bestätigt das. Er folgt seiner Mutter nicht nur beruflich-unternehmerisch, sondern auch im Ehrenamt.

„Bereits bei meiner eigenen Kaufmannsprüfung wurde mir klar, wie wichtig gute und faire Prüfer sind. Mein Wissen auch in meinen noch jungen Jahren weiterzugeben und unsere Nachwuchsfachkräfte als Ausbilder und Prüfer zu motivieren und Etappe für Etappe bis zum Ende ihrer Ausbildung zu begleiten, das ist mir eine Herzensangelegenheit.“

Aber er ist sich auch der unangenehmen Situationen als Prüfer bewusst:

„Bei manchem reicht es nicht beim ersten Mal zum Abschluss. Dann geht es darum, dass man das klar, aber dennoch aufbauend formuliert. Wir haben als Prüfer schließlich Verantwortung. Ein lasches` Durchwinken` geht nicht, denn dann kann ein junger Mensch auf dem Arbeitsmarkt böse scheitern. Aber vom hohen Ross herab urteilen, geht auch nicht. Es braucht ein Gespräch auf Augenhöhe.“

Der Mittzwanziger hat ein duales Studium zum Handelsfachwirt mit integrierter Kaufmannsprüfung abgelegt. Seine eigenen - zwei Prüfungserfahrungen waren „wie Tag und Nacht“ – er hat beides erlebt. Unmittelbar nach der letzten Prüfung schrieb er eine Mail an die IHK und meldete sein Interesse an, als Prüfer zu fungieren. Warum? „Ich wollte es besser machen.“  

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Niclas hat ein duales Studium zum Handelsfachwirt mit integrierter Kaufmannsprüfung abgelegt und ist heute wie seine Mutter Prüfer bei der 
Quelle:IHK. FOTO: TUDYKA

Jeder bekommt eine zweite Chance

Das bestätigen auch andere Prüfer. Man müsse ein Gefühl vermitteln können, dass es zu schaffen ist, sich einfühlen und ermutigen können. Schließlich machen Prüferinnen und Prüfer, unabhängig von der zu prüfenden Berufsgruppe, im Wesentlichen dieselben Erfahrungen. Sie wissen: Gute Azubis sind sich meist schon sicher, was die Zukunft für sie bereithält. Anders ist es bei den Leistungsschwächeren. Sie zu motivieren, macht die Arbeit als Ausbilder aus und erfordere viel Menschenkenntnis. Denn die Ausbildung ist kein Selbstläufer. Aber jeder bekommt eine zweite Chance, wenn es mal nicht so läuft. Etwas anders ist es bei der Ausbildereignungsprüfung. Da hat man es mit erwachsenen Menschen, teils gestandenen Persönlichkeiten zu tun, die jedoch sehr unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen. Auch diesen müsse man sagen können: Es hat heute nicht gereicht. Ihnen aufzuzeigen, was sie falsch gemacht haben und wie sie die nächste Prüfung meistern können, koste zwar Zeit, führe im nächsten Anlauf aber meist zum Erfolg. Dass Resultat: Die Prüflinge sind meist sehr dankbar für die wertvollen Hinweise und ein motivierendes Gespräch.

Rund 100 neue Prüfer noch gesucht

Die Zahlen abgelegter Prüfungen beeindrucken, dennoch sucht die IHK weiterhin Experten und Fachleute aus Unternehmen, die sich für das Prüferehrenamt engagieren wollen. Denn ausscheidende Prüfer müssen ersetzt oder für Prüfungen in neuen und modernisierten Berufen neu gefunden werden, aktuell werden noch 100 neue gesucht.

„Natürlich kostet die Mitarbeit in den Prüfungsausschüssen Zeit. Etwa 20 000 Stunden kommen bei unseren 750 Prüfern im Jahr zusammen. Aber es lohnt sich, für die Prüflinge, die Unternehmen und das Ehrenamt“, sagt Silke Simolka,Teamleiterin Prüfungen im Geschäftsbereich Ausund Weiterbildung bei der IHK.

Die Motivation, Prüfer zu werden, könne jedoch vielfältig sein. Viele sehen darin die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen und sich aktiv in die Qualifizierung von Auszubildenden ihres Berufs einzubringen. Es bietet auch die Chance, die eigene Persönlichkeit weiterzuentwickeln, indem man beispielsweise Empathie, Durchsetzungsfähigkeit und Kommunikationskompetenzen schult. Zudem ermöglicht die Tätigkeit als Prüfer, sich mit Kollegen aus anderen Betrieben zu vernetzen und auf dem neuesten Stand der Entwicklungen im eigenen Berufsfeld zu bleiben. Dabei bekommt man auch Einblicke in die Aus- und Fortbildung anderer Betriebe.

Für Qualitätsstandards und Fairness sorgen

Die Mitglieder im Ehrenamt können die Qualitätsstandards ihrer Branche mitgestalten und erhalten im Gegenzug durch den Austausch im fachlichen Netzwerk interessante Einblicke in andere Ausbildungsbetriebe. Von der IHK gibt es kostenfreie Schulungen zu Prüfungsabläufen, zum Prüfungsrecht und zu neuen Ausbildungsinhalten. Am bedeutungsvollsten ist jedoch die große Verantwortung des Ehrenamts gegenüber den Prüfungsteilnehmern, die eine faire, menschliche und gerechte Prüfung erwarten, sowie die Verantwortung gegenüber den Betrieben, die ein Gradmesser über das Leistungsniveau ihrer zukünftigen Fach- und Führungskräfte brauchen.

„Damit tragen Prüfer entscheidend zur Wertschätzung der Qualitätsmarke, Made in Germany' bei“, betont Silke Simolka.

Ohne Prüfer-Ehrenamt kein Nachwuchs

Silke Simolka ist seit Beginn des Jahres Teamleiterin Prüfungen. Davor war sie 23 Jahre im Bereich Aus- und Weiterbildung bei der IHK tätig. Begonnen hat ihre Laufbahn als Prüfungskoordinatorin für insgesamt 19 kaufmännische Ausbildungsberufe. Neben den vielen Prüfungsteilnehmern hatte sie ca. 290 Prüferinnen und Prüfer in der Betreuung. 2021 wechselte sie in die Berufsorientierung und hatte dadurch engen Kontakt mit Schülerinnen und Schülern von Klasse 7 bis 13. Silke Simolka:

„Prüfer ist man nicht einfach so, sondern mit Herz und Seele. Neben den beruflichen und privaten Aufgaben hat man eine hohe Verantwortung, jungen Auszubildenden den ersten Schritt ins Berufsleben zu bescheinigen. Die Bewertung einer Prüfungsleistung birgt eine hohe Verantwortung in fachlicher Sicht, aber auch in Bezug der Handlungskompetenzen. Prüfer müssen fachlich auf dem neusten Stand, aber auch sozial engagiert sein. Das Ehrenamt bedarf Freiwilligkeit, es kann nicht mit Geld aufgewertet werden - aber mitunter mit leuchtenden Augen nach einer bestandenen Prüfung! Findet sich das Prüferteam, dann arbeitet man viele Jahre zusammen. Nicht zu unterschätzen ist dabei der fachliche Austausch.“ Silke Simolka stellt klar: „Ohne den ehrenamtlichen Einsatz unserer Prüferinnen und Prüfer gäbe es keine qualifizierten Berufsabschlüsse mehr.“

 1. Aufgaben des IHK-Prüfers:

-Prüfungsaufgaben erstellen: Prüferinnen und Prüfer entwickeln Prüfungsaufgaben, die den Anforderungen der jeweiligen Berufe entsprechen.

-Prüfungsarbeiten korrigieren und be
gutachten: Sie bewerten schriftliche Prüfungsarbeiten, Arbeitsproben, Dokumentationen und andere Leistungen der Prüflinge.

-Prüfungsgespräche führen: Prüferinnen und Prüfer führen mündliche Prüfungen durch und bewerten die fachliche Kompetenz der Prüflinge.

2. Warum ist das wichtig? 

-Die Qualität von IHK-Prüfungen hängt wesentlich von den Prüfern ab.

-Sie gewährleisten, dass die Prüfungen praxisnah und fair ablaufen.

-IHK-Abschlüsse sind anerkannt und eröffnen jungen Menschen vielfältige berufliche Perspektiven.

-Prüfer tragen dazu bei, qualifizierte Fachkräfte auszubilden und den Wirtschaftsstandort zu stärken.

3. Vorteile:

-Gesellschaftliche Verantwortung: Prüfer übernehmen Verantwortung für die Qualität der Ausbildung und Weiterbildung.

-Einblick in verschiedene Betriebe: Prüfer lernen unterschiedliche Unternehmen und Branchen kennen.

-Mitgestaltung von Prüfungsabläufen: Prüfer haben die Möglichkeit, Prüfungsprozesse aktiv mitzugestalten.

-Kostenlose Schulungen: Die IHK bietet regelmäßig Schulungen zu neuen Inhalten und Prüfungsabläufen an.

 

Falls sie mehr über das Ehrenamt Prüfer wissen wollen, finden sie weitere informationen in unserem Artikel "Prüfer werden"

Ansprechpartner

Silke Simolka
Geschäftsbereich: Aus-/Weiterbildung und Fachkräftesicherung
Teamleitung Prüfungen
t: +49(0)355 365 1221
f: +49(0)355 3659 1221
silke.simolka@cottbus.ihk.de